VG Wort, Selfpublisher, Pseudoverlage und die Urheberrechtsnovelle
Der Selfpublisher-Verband e.V. hat bereits im März 2019 gegen die geplante EU-Urheberrechtsnovelle protestiert, weil sie in vieler Hinsicht die Interessen von Autorinnen und Autoren verletzt.
Jetzt wird diese Novelle in nationale Gesetze umgewandelt und bestätigt in der derzeit vorliegenden Form unsere Befürchtungen.
Das Bundesjustizministerium hat einen neuen Gesetzesentwurf vorgelegt, in der die Beteiligung der Verlage an den Ausschüttungen der VG Wort geregelt werden soll, genannt »Erstes Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts«.
Dieser Entwurf bestimmt, dass die Verlage an den Ausschüttungen der VG Wort beteiligt werden sollen und Autorinnen und Autoren vorab in den Verlagsverträgen einen Teil der Ausschüttungen an die Verlage abtreten können.
Die Ausschüttungen aus den Kopierabgaben sind für viele Autoren und Autorinnen lebenswichtig. Immer noch liegt der Durchschnittsverdienst der Autoren und Autorinnen unter dem gesetzlichen Mindestlohn. Um so wichtiger ist es, dass die Regelungen der Verlagsabtretungen, die die geringen Einkünfte weiter schmälern, gut bedacht sein wollen.
Keine VG-Wort-Ausschüttungen an Dienstleister und Pseudoverlage
Nach dem Gesetzentwurf werden nicht nur tatsächliche Verlage, sondern auch Pseudoverlage und Dienstleister an den Ausschüttungen beteiligt. Die VG Wort muss jeden Verlag aufnehmen. Und was ein Verlag ist, regelt das Verlagsgesetz, das mittlerweile 120 Jahre alt ist.
Echte Verlage tragen das Risiko der Veröffentlichung, sie finanzieren Lektorat, Covergestaltung und vieles mehr vor. Daneben gibt es Dienstleister, die für Selfpublisher, also Autorinnen und Autoren, die ihre Bücher im Selbstverlag veröffentlichen, diese Dienste auf Kosten der Urheber und Urheberinnen anbieten – oder in einer anderen Variante, die lediglich den Druck, den Vertrieb und die Listung der Bücher im VLB (Verzeichnis lieferbarer Bücher) übernehmen, bei denen die Organisation von Lektorat, Covergestaltung, Satz etc. jedoch von den Autorinnen und Autoren übernommen und finanziell getragen wird .
Sowohl Verlage als auch Dienstleister haben Standardverträge bzw. AGB, die praktisch nicht verhandelbar sind, in denen sie teilweise eine Abtretung der VG-Wort-Ausschüttungen verlangen. Bei großen Verlagen und erst recht bei Dienstleistern und Druckkostenzuschussverlagen (DKZV) haben Urheber keine Chance, dieser Abtretung zu widersprechen. Die großen Player unter den Dienstleistern verfügen zudem über eine Marktmacht, denen sich die einzelnen Urheber und Urheberinnen nicht entziehen können. Ein Wechsel des Dienstleisters ist in der Praxis auch nicht ohne weiteres möglich.
Die Dienstleister treten in der Werbung für Autorinnen und Autoren als Dienstleister auf, gegenüber der VG Wort aber als Verlage, eine für uns inakzeptable Vermischung.
Das heißt, dass die Autorinnen und Autoren nicht nur für Ihre Veröffentlichung zahlen müssen, sondern zusätzlich auch die ihnen zustehende Ausschüttung der VG Wort teilen sollen, ohne in den Genuss der Leistungen zu kommen, die ein echter Verlag für seine Autoren und Autorinnen übernimmt.
Deshalb ist es unbedingt nötig, dass in dem neuen Gesetz geregelt wird, dass nur echte Verlage an den Ausschüttungen beteiligt werden, also solche Verlage, die auch das Risiko tragen und sich nicht von den Urhebern und Urheberinnen bezahlen lassen.
Wodurch unterscheiden sich »echte« Verlage von Dienstleistern? Ganz einfach. Sie verlangen keine Zahlungen von den Autoren und Autorinnen, sondern bieten ihnen kostenloses Lektorat, kostenlose Covergestaltung und Satz. Dementsprechend könnte das im Gesetz festgehalten werden. Zum Beispiel mit einer Formulierung wie
»Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften darf nur erhalten, wer von Autoren und Autorinnen keine Zahlungen verlangt, insbesondere für Lektorat, Cover und Satz, oder bei denen Autoren und Autorinnen insbesondere Lektorat, Cover und Satz auf eigene Kosten von Dritten beziehen oder in Eigenleistung erstellen. Nur wer diese Voraussetzungen erfüllt, darf Mitglied einer Verwertungsgesellschaft werden.«
Diese gesetzliche Regelung ist nicht nur möglich, sondern unbedingt notwendig.
Die VG Wort hat bereits 2012 bis 2016 einen kostspieligen Rechtsstreit um die Verlagsausschüttungen hinter sich. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass der nächste Prozess absehbar ist, wenn dieser Entwurf Gesetz wird.
Wir fordern, dass dieser Schutz der Urheberrechte der Autorinnen und Autoren als entsprechende Passage in das neue Gesetz aufgenommen wird.
Wenn du diese Forderungen auch für wichtig hältst, teile bitte unsere Stellungnahme. Nur dann, wenn es uns gelingt, ihn schnell weit zu verbreiten, haben wir die Chance, noch auf das Gesetz Einfluss zu nehmen.
Der Vorstand des Selfpublisher-Verbands e.V., 20.01.2020
Hier kannst du dich weiter informieren:
https://hproentgen.wordpress.com/2020/01/19/vg-wort-selfpublisher-und-pseudoverlage
https://www.aktionsbuendnis-faire-verlage.com/
https://neinzudruckkostenzuschussverlagen.blogspot.com/
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