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[Selfpublishing unverblümt] Folge 10: Wenn ein Buch floppt … und das Buch danach auch

Folge 10: Wenn ein Buch floppt … und das Buch danach auch

Als ich im November 2017 meinen Debütroman „Play My Game“ herausbrachte, ahnte ich nicht, dass dieser innerhalb weniger Tage die Top 10 der Kindle-Charts stürmen würde. Ich habe zwar die Daumen dafür gedrückt, dass er die Top 100 streift, aber was dann passierte, übertraf meine tollkühnsten Träume. Auch das zweite und das dritte E-Book liefen gut, sie kamen in die Top 30 und hielten sich viele Wochen lang in den Charts. Das war natürlich super, denn damit war die finanzielle Grundlage für mein Vollzeit-Autorenleben geschaffen und ich war mehr als motiviert für viele weitere Liebesromane. Zu wissen, dass sich der Zeitaufwand wirtschaftlich lohnen kann und meine Zeilen von vielen Menschen da draußen gelesen werden, war der ideale Ansporn zum Weiterschreiben.

Aber dann ging alles schief

Beflügelt vom bisherigen Erfolg, veröffentlichte ich im Mai 2018 dann meinen Roman „Jeden Tag will ich sie küssen und berühren“. Und ich fiel aus allen Wolken, als ich feststellte, dass sich dieses E-Book nicht in den Top 100 festbeißen wollte, sondern schnell in der Unsichtbarkeit verschwand – und dort auch blieb. Nahezu panisch schrieb ich den Support von Kindle Direct Publishing an. Denn ich hatte den Eindruck, dass der Titel unter technischen Problemen des Amazon-Shops litt. Immerhin tauchte er bei anderen Neuerscheinungen so gut wie nie bei den „Kunden-kauften-auch“-Verlinkungen auf.

Doch der Support versicherte mir, dass technisch alles in bester Ordnung sei und die Verlinkungen sich nun mal am Kaufverhalten der Kunden orientieren. Mir fiel es dennoch schwer, das zu glauben. Auf Facebook stieß ich auf andere Selfpublisher:innen, deren Neuerscheinungen ebenfalls Sichtbarkeitsprobleme zu haben schienen. Eine von ihnen stellte sogar die Theorie auf, dass dieses Phänomen jedes Jahr zwischen März und Mai auftritt, weil Amazon in dem Zeitraum neue Funktionen im Shop testet. Ich fühlte mich ungerecht behandelt und betrogen – das war natürlich frustrierend.

Klingt nach Verschwörungstheorie-Alarm? Ganz recht.

Heute, einige Jahre später, weiß ich es besser. Es ist sehr wohl möglich, dass man zwischen März und Mai ein E-Book veröffentlichen kann, das bei Amazon wunderbar läuft. Und auch, wenn es hin und wieder tatsächlich kurzzeitig technische Probleme im Kindle-Shop geben kann – in den meisten Fällen liegt es wohl doch eher am Buch selbst, wenn es sich nicht wie warme Semmeln verkauft, obwohl der/die Autor:in zuvor mehrere Bestseller gelandet hat. Denn manchmal ist das Buch einfach nicht so gelungen, wenn es darum geht, die Zielgruppe anzusprechen. Und das kann verschiedene Gründe haben.

Im Fall von „Jeden Tag will ich sie küssen und berühren“ könnte allein schon der sperrige und eher unspektakuläre Titel ein solcher Grund sein. Oder die Tatsache, dass es der zweite Band einer Reihe ist, der Geschehnisse aus dem ersten Teil aus einer anderen Perspektive neu erzählt. Oder dass das Cover ohne Stockfoto auskommt, was für Romance erfahrungsgemäß eher riskant sein kann.

Was auch immer dahintersteckt, dass dieses E-Book nicht einmal ansatzweise so gut gelaufen ist wie meine vorherigen Werke – erst Monate und Jahre später konnte ich den Gedanken, dass nicht Amazon die Schuld daran trägt, bedingungslos zulassen und verinnerlichen. Vorher war es für mich bequemer, einer anderen Instanz den Schwarzen Peter zuzuschieben. Denn welche:r Autor:in gibt schon gerne zu, dass sie sich verkalkuliert hat? Dass man den Markt falsch eingeschätzt hat? Dass man das Potenzial überschätzt hat? Richtig. Die wenigsten. Jedenfalls im ersten Moment.

Erfolg erhöht den Druck

Gerade die Tatsache, dass ich vorher Werke veröffentlicht habe, die besonders gut gelaufen sind, hat mir in dem Zusammenhang zu schaffen gemacht. Und zwar auf verschiedenen Ebenen. Erstens wollte ich mein erreichtes Einkommenslevel halten. Sinkt dieses erst einmal ab, bekommt man nämlich den Eindruck, dass die Talfahrt nun immer so weitergeht, bis hin zur Insolvenz. Schließlich tut die Angst so, als könnte sie hellsehen. Zweitens macht Erfolg auch auf anderen Ebenen Druck. Denn sowohl man selbst als auch andere fangen an zu erwarten, dass man die einst erreichten Verkaufsränge und Rezensionszahlen halten, wenn nicht sogar übertreffen kann. Und drittens habe ich einen gewissen Erfolg, so paradox das zum vorherigen Punkt klingen mag, nach dem bisherigen Erfolg unbewusst für selbstverständlich genommen.

Aber im Laufe der letzten Jahre durfte ich dazulernen. Vor allem, wenn es darum geht, Demut zu entwickeln. Mir blieb gar nichts anderes übrig. Denn:

Auf den ersten finanziellen Flop folgten weitere

Als ich zum Beispiel mit „Wenn Federn fallen“ zwischen all meinen zeitgenössischen Schnulzen auf einmal romantische Fantasy für Jugendliche veröffentlichte, waren nicht wenige meiner Stammleserschaft verwundert und konnten mit dieser Lektüre nichts anfangen. Dass ich ein Risiko eingehen würde, sobald ich unter ein und derselben Autorinnenmarke diverse Genres bediene, war mir zwar vorher schon klar. Jedoch hat mich das Ausmaß dessen dann doch überrascht. Bis heute ist „Wenn Federn fallen“ eines meiner verkaufsschwächsten Bücher. Und es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass mich das zu keiner Sekunde gewurmt hat.

Es gibt aber auch Fake-Flops

Ein vermeintlicher Flop, der letztlich gar keiner war, ist „Unerfüllte Sehnsucht“. Diesen Liebesroman veröffentlichte ich im Oktober 2019. In den Wochen zuvor hatte ich mehrere Volltreffer gelandet – drei E-Books in Folge schafften es in die Top 5 der Kindle-Charts und hielten sich jeweils zwei Monate lang auf der BILD-Bestsellerliste. „Unerfüllte Sehnsucht“ hingegen kam nur kurz in die Top 70 und war schnell wieder aus den Charts draußen. Somit habe ich den Titel als finanziellen Flop empfunden. Aber wenigstens war ich zu dem Zeitpunkt schon so weit, dass ich mich davon nicht habe verunsichern lassen. Ich habe also nicht angefangen, deswegen direkt mein Autorinnendasein bzw. meinen Stil zu hinterfragen. Stattdessen habe ich den Flop als solchen abgehakt und bin zum nächsten Projekt übergangen. Und siehe da, dieser schaffte es dann wieder in die Top 5 und wurde zu einem meiner kommerziell erfolgreichsten Werke überhaupt.

Was mir allerdings erst Monate später klar wurde, war, dass auch „Unerfüllte Sehnsucht“ auf einen guten Umsatz kam. Der Roman brauchte dafür bloß deutlich mehr Zeit. Monatelang hielt er sich in den Top 200, anstatt immer weiter im Rang abzusacken. Als ich mir dann nach über einem Jahr die Einnahmen mal genauer anschaute, stellte ich fest, dass sie inzwischen auf dem Level meines Debütromans waren, der innerhalb weniger Tage auf Platz 7 kam. Somit ist „Unerfüllte Sehnsucht“ zwar nie ein sogenannter Überflieger gewesen, dafür aber über einen längeren Zeitraum sehr erfolgreich. So habe ich das in den ersten Wochen gar nicht wahrgenommen.

Erst dadurch wurde mir bewusst, dass es so einige Selfpublisher:innen da draußen geben muss, die diesen Longseller-Effekt womöglich sogar von jedem einzelnen ihrer Titel kennen und von ihren Werken gut leben können, ohne damit jemals die Top 100 gestürmt zu haben. Und letztlich geht es ja nicht um den Rang. Als mir das klar wurde, habe ich mich richtig dafür geschämt, „Unerfüllte Sehnsucht“ anfänglich als Flop wahrgenommen zu haben.

Erfolgsdruck kommt auch von außen

Aber manchen Leuten geht es anscheinend auch langfristig um den Verkaufsrang. Das habe ich spätestens im März 2020 gemerkt, als „Stranger’s Offer“ erschien. Diese Schnulze aus meiner Feder schaffte es ebenfalls nur für ein paar Tage in die Top 70 und verabschiedete sich dann bereits wieder aus den Charts. Mittlerweile war ich durch meine Erfahrungen mit Flops und Pseudo-Flops so weit, dass ich dies gelassen nahm. Denn ich wusste inzwischen, dass der Roman noch zum Longseller werden könnte. Und wenn nicht, dann würde er trotzdem ein bisschen etwas einnehmen, womit er zum „Grundrauschen“ meines Umsatzes beiträgt, und das nächste oder übernächste Werk könnte dann sowieso wieder deutlich besser laufen. Ich lebe schließlich nicht von einem einzigen Titel, sondern von ganz vielen.

Doch kaum wurde „Stranger’s Offer“ schon wieder aus den Top 100 vertrieben, kamen andere Selfpublisher:innen auf mich zu und sprachen mich darauf an. Sie fragten mich, was da los sei. Was schiefgelaufen wäre. Wie mir, als sogenannte Erfolgsautorin, so etwas passieren könnte.

Das fand ich echt schade. Ob es nun Schadenfreude oder Verunsicherung war, mit der diese Leute auf mich zukamen – beides war schade. Denn heute weiß ich: Es gibt keinen Grund, sich von einem Flop aus der Bahn werfen zu lassen. Oder vom zweiten Flop innerhalb kurzer Zeit. Oder vom dritten.

Weitermachen, so lautet die Devise. Mit Freude … und auch mit einer gewissen Demut. Das ist tausendmal angenehmer und sogar realitätsnäher, als Panik zu schieben oder gegen das angeblich böse beziehungsweise kaputte Amazon zu wettern.

Flops gehören ab einer gewissen Anzahl von Veröffentlichungen selbst bei Bestsellerautoren dazu. Jedenfalls oft. Es gibt nun mal keine Formel, die durchweg ein gewisses Erfolgsniveau garantiert. Würde es eine solche Formel geben, würden auch die Publikumsverlage nur noch Verkaufsschlager herausbringen. Warum also soll ich als Selfpublisherin etwas hinbekommen, das nicht einmal die alteingesessenen Medienhäuser schaffen? Das geht gar nicht. Und das ist vollkommen in Ordnung. Auch finanziell. Weil ich auf Masse gehe, den Markt beobachte und mir den Spaß bewahre. Ohne Frage waren die ersten Flops, die ich hatte, nervenaufreibend für mich. Das will ich gar nicht abstreiten. Aber gerade deswegen konnte ich mich durch diese Erfahrungen, so behaupte ich, weiterentwickeln. Nicht zuletzt durch die Flops, die dann gar keine waren.

Ihr seht also: Auch Erfolgsautor:innen haben mit Zweifeln zu kämpfen. Und ein Bestseller ist keine Garantie für den nächsten Erfolg. Deshalb lautet die Devise: Dranbleiben und weitermachen! Doch nicht nur Flops sind Hürden, die es im Autorenleben zu überwinden gilt, sondern oftmals auch der Neid anderer Autor:innen. Darum geht’s dann im nächsten Blogartikel. Jeden 20. des Monats gibt es einen neuen Beitrag der Kolumne im Blog des Selfpublisher-Verbandes.


C.R. Scott – Autorin, Grafikerin und jetzt auch Kolumnistin

C. R. Scott wurde 1984 in Schleswig-Holstein geboren und hat Literatur studiert. Egal ob prickelnd, fantastisch oder verträumt – ihre Liebesromane begeistern Tausende von Lesern. Inzwischen gibt es einige ihrer Bestseller auch als Hörbuch. Die Autorin ist Mitglied im Montségur Autorenforum und in der Jury für den Selfpublishing-Buchpreis. Wenn sie mal nicht schreibt, geht sie am liebsten durch den Wald spazieren und lässt sich für neue Geschichten inspirieren.

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C.R. Scott

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