Konflikte in Romanen

Konflikte: Der Treibstoff für deine Geschichte

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Anmerkung: Dies ist ein Gastartikel zum Thema Konflikte unseres Fördermitglieds Kia Kahawa.

In seiner Biografie Die Geschichte meines Lebens schreibt Charlie Chaplin: „Das Wort Leben ist nur ein anderer Ausdruck für Konflikt.“ Chaplin verstand, dass Konflikte allgegenwärtig sind und dadurch das Leben aufregend wird. Das übertrug er auch auf seine Werke.

Der Meister der Komödie hätte es sich bei seinen Filmen im Grunde einfach machen können: Der Protagonist fällt am laufenden Band auf die Nase und das Publikum freut sich. Durch Konflikte erschuf Chaplin allerdings eine Fallhöhe, die jede Situation automatisch interessanter für das Publikum machte. Der Protagonist, der auf die Nase fällt, mag lustig sein. Der Protagonist, der auf der Flucht vor der Polizei auf die Nase fällt, aber trotzdem entkommt, weil er sich anschließend irgendwie herauswindet und später erneut auf die Nase fällt, ist viel lustiger.

Eine Situation wird durch einen Konflikt verstärkt und jede Szene benötigt einen oder mehrere Konflikte, um das Maximum an Emotionen bei den Leser:innen hervorzurufen.

Konflikte der Charaktere

Die treibende Kraft hinter deiner Geschichte sind die Konflikte der Charaktere. In der Regel handelt es sich dabei um innere und äußere Konflikte. Diese Konflikte sind nicht nur wichtig für die Handlung, sondern charakterisieren auch deine Figuren.

Konflikte entstehen aus Zielen und den Hindernissen, die deine Charaktere daran hindern, diese Ziele zu erreichen. Zu Zielen können wir vielleicht mal einen eigenen Artikel hier veröffentlichen. An dieser Stelle nur so viel: Jeder Charakter in deiner Geschichte braucht ein Ziel. Immer. Und sei es nur ein Glas Wasser. Charaktere ohne Ziel schweben wie in einer sphärenlosen Ebene umher und wissen nicht, was sie tun sollen. Sie haben keinen Antrieb.

Der Unterschied zwischen inneren und äußeren Konflikten liegt darin, dass der Charakter eine Hürde überwinden muss, die er sich selbst auferlegt beziehungsweise die ihn von Innen heraus am Erreichen des Ziels hindert, und einem äußeren Einfluss, der es ebenfalls verhindert, dass der Charakter das Ziel erreicht.

Das vermutlich bekannteste Beispiel für einen inneren und äußeren Konflikt ist der zurückhaltende Schüler, der eine Schülerin nach einem Date fragen will. Seine Schüchternheit ist der innere Konflikt und hält ihn davon ab, die Schülerin anzusprechen. Und dann ist da natürlich noch der äußere Konflikt in Form des tollen Typen, der ebenfalls an der Schülerin interessiert ist.

Hier prallen die Ziele einzelner Charaktere aufeinander und sorgen für großes Konfliktpotenzial:

·        Tom will gerne ein Date mit Susi, traut sich aber nicht zu fragen

·        Heiko ist bereits im Freundeskreis von Susi und hat sie schon nach einem Date gefragt

·        Susi hat Heiko zugesagt, ist aber eigentlich gar nicht an ihm interessiert

Diese Konstellation ist zwar simpel, kennen wir aber so oder in ähnlicher Form aus hunderten Geschichten. Das klassische Liebesdreieck, das meistens aus zwei Jungs und einem Mädchen besteht, birgt zahlreiche Konflikte, da sie alle Entscheidungen treffen müssen und die Handlungen sich auf die Ziele der anderen auswirken und somit neue Konflikte schöpfen können.

Äußere Konflikte aufbauen

Ein äußerer Konflikt besteht meistens daraus, dass Charaktere aufeinanderprallen, die entweder das exakt gleiche Ziel verfolgen und sich dabei gegenseitig zuvorkommen wollen (die Suche nach einem Schatz, die Bewerbung für den gleichen Job etc.) oder unterschiedliche Ziele verfolgen und sich gegenseitig aufhalten wollen (Welt retten oder Welt zerstören zum Beispiel).

Äußere Konflikte sind häufig persönlicher Natur und zumindest im Grundaufbau recht einfach zu handhaben: Protagonist und Antagonist prallen aufeinander und stehen sich gegenseitig im Weg.

Der Aufbau des äußeren Konflikts beginnt in der Regel so:

Protagonist:in möchte X, kann aber nicht, weil Y.

Zum Beispiel:

Johanna möchte Raumschiffpilotin werden, kann aber nicht, weil der Ausbilder Bill sie hasst.

Jetzt gäbe es für Johanna zwei Möglichkeiten: Ihren Traum aufgeben oder Ausbilder Bill davon überzeugen, dass sie eine gute Raumschiffpilotin ist.

Wenn sie aufgibt, ist die Geschichte vorbei, denn der Konflikt verpufft und die Leser:innen haben keinen Grund Johanna zu gönnen, dass sie ihren Traum erfüllt. Deshalb ist Johanna natürlich eine Kämpfernatur und setzt alles daran, Ausbilder Bill zum Trotz ihren Traum zu erfüllen.

Ein Konflikt ist nur so gut, wie die Umsetzung in der Geschichte. Er sorgt für das Scheitern und wird dadurch noch verstärkt. Der Szenenaufbau besteht immer aus drei Komponenten:

·        Ziel

·        Konflikt

·        Scheitern

Johanna will es Ausbilder Bill beweisen (Ziel), aber alles läuft schief. Ausbilder Bill kreidet Johanna jeden noch so kleinen Fehler an (Konflikt) und Johanna scheitert in jeder Szene daran, ihre Raumschiffpilotinnenkünste unter Beweis zu stellen. Sie würgt den Motor ab, in einer weiteren Szene hebt sie zu schnell ab, in der nächsten fliegt sie versehentlich in ein Asteroidenfeld, dann zerstört sie sogar ein ganzes Raumschiff (Scheitern). Das führt dazu, dass sie gar nicht zur Abschlussprüfung zugelassen wird. Sie muss den Konflikt auflösen, um ihr Ziel noch zu erreichen. Erst, nachdem sie Ausbilder Bill das Leben rettet, darf sie doch noch ihre Prüfung machen und ihren Traum erfüllen.

Der Umgang mit dem inneren Konflikt

Der innere Konflikt ist häufig schwieriger aufzubauen. Es kommt aber wie immer darauf an, wie ein Charakter angelegt ist. Die beste Methode, einen inneren Konflikt zu etablieren, ist eine Reaktion auf eine Situation.

Ausbilder Bill drangsaliert zum Beispiel einen von Johannas Kollegen. Wie reagiert Johanna auf die Situation? Greift sie ein? Schaut sie zu? Schaut sie weg? Würde sie gerne helfen, weiß aber nicht, wie? Hilft sie dem Kollegen, fordert aber dafür eine Schuld ein?

Johannas Entscheidung sagt uns etwas über ihren Charakter. In unserem Beispiel wären zwei Reaktionen sinnvoll:

a)       Johanna will helfen, weiß aber nicht, wie sie das anstellen soll und hat daher mit Schuldgefühlen zu kämpfen, die sie auflösen kann, wenn sie Ausbilder Bill das Leben rettet.

b)      Johanna hilft und entwickelt ein Helfersyndrom, das sie veranlasst, immer allen helfen zu wollen, wodurch sie häufig zu spät oder gar nicht zum Flugtraining erscheint, was den Konflikt mit Ausbilder Bill zusätzlich verschärft.

Egal, wie sich Johanna entscheidet, ihre Reaktion zeichnet bei den Leser:innen direkt ein Bild ihres Charakters. Darüber lernen sie Johanna viel besser kennen, als es jede Beschreibung äußerer Merkmale jemals könnte.

Der innere Konflikt lässt sich am besten in Szenen mit folgender Abfolge manifestieren:

·        Reaktion

·        Dilemma

·        Entscheidung

Die Reaktion auf die Situation löst den inneren Konflikt und somit das Dilemma aus. Die Entscheidung soll das Problem lösen, aber auch hier ist es in der Regel so, dass der innere Konflikt zuerst schlimmer wird, bevor er sich auflösen lässt.

Konfliktverstärkung durch Missverständnisse

Missverständnisse sind ein guter Treibstoff für Konflikte zwischen Charakteren. Wenn ohnehin zwei unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen, kann ein Missverständnis der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.

In unserem Beispiel mit Johanna und Ausbilder Bill könnte der Konflikt beispielsweise noch nicht durch die Lebensrettung beendet sein. Johanna rettet Bill das Leben, der hingegen ist aber im Glauben, dass Johanna ihn in Lebensgefahr gebracht hat, da er die eigentliche Gefahr gar nicht wahrgenommen hat. Der Konflikt erreicht durch das Missverständnis den Höhepunkt.

Für Leser:innen sind Missverständnisse richtig eingesetzt eine Achterbahn der Gefühle. Die ultimativ ungerechte Behandlung der Hauptfigur lässt die Emotionen bei den Leser:innen hochkochen und sie wollen natürlich, dass die Wahrheit herauskommt.

Missverständnisse sollten aber genau wie Zufälle sehr sparsam eingesetzt werden, es sei denn, sie sind auf gewisse Weise Teil der Charakterzeichnung oder der Handlung. Zu viele Missverständnisse wirken schnell unglaubwürdig.

Übergeordnete Konflikte

Während die wichtigsten Konflikte sich zwischen den Charakteren abspielen und so die Handlung vorantreiben, gibt es auch Konflikte, die übergeordneter Natur sind und sich dadurch auf die Charaktere auswirken.

Meistens hängen die übergeordneten Konflikte mit den persönlichen Konflikten zusammen und tragen auch dazu bei, dass diese verschärft werden.

Ein Beispiel ist ein Krieg zwischen zwei Nationen. Johanna und Ausbilder Bill könnten jeweils einer dieser Nationen angehören und schon entsteht das erste Konfliktpotenzial.

Die Gesellschaft ist ebenfalls ein Konfliktherd. Ein Charakter, der in ein ungewohntes Umfeld kommt, wo er mit gesellschaftlichen Ansichten und Regeln konfrontiert wird, die gegen seine Weltanschauung sprechen, birgt jede Menge Konfliktpotenzial.

Weitere Möglichkeiten sind der Kampf gegen die Natur in Form von Umweltkatastrophen oder der Stand zwischen zwei Fronten, wenn sich beispielsweise zwei Clans bekämpfen und unser:e Protagonist:in zwischen beiden Seiten steht und sich entscheiden muss.

Konflikte auflösen

Um alles aus einem Konflikt herauszuholen, gibt es einen Tipp: Löse den Konflikt so spät wie möglich auf. Nutze die Geschichte, um den Konflikt immer weiter zu verschärfen und ihn überkochen zu lassen, bevor du die Auflösung bringst.

Die Auflösung des Konflikts ist ein Moment des Erfolgs und darf entsprechend zelebriert werden. Die letzte Herausforderung wird überwunden, das große Ziel erreicht und alles ist – zumindest für einen Moment – gut.

Zumindest für die eine Seite, die Seite der Protagonist:innen. Für die Antagonist:innen hingegen steht hier die große Niederlage und das Ende aller Bemühungen, die „bösen Pläne“ umzusetzen.

Die Rede ist hier natürlich vom klassischen Happy End. Das Gute triumphiert, das Böse ist besiegt. Friede, Freude, Eierkuchen.

Konflikte lassen sich aber auch auflösen und zu neuen Konflikten ausbauen. Beispielsweise, wenn die Fortsetzung der Geschichte bereits entschieden ist und weiteres Konfliktpotenzial benötigt wird.

Johanna besteht ihre Abschlussprüfung und kann Ausbilder Bill davon überzeugen, dass sie doch was auf dem Kasten hat. Dadurch zieht sie aber den Neid von Trisha auf sich, die als beste Raumschiffpilotin in die Geschichte eingehen will und ihre Stellung bedroht sieht.

(Happy) End

Die Auflösung von Konflikten geht einher mit dem Ende der Geschichte. Deshalb solltest du sehr vorsichtig damit umgehen. Leser:innen erinnern sich vor allem an das Ende einer Geschichte. Ein starkes Ende kann eine schwache Geschichte retten, aber genau so kann ein schwaches Ende eine starke Geschichte in den Abgrund reißen.

Obwohl Happy Ends meistens ausgelutscht wirken, sind sie deshalb immer noch die beste Methode, eine Geschichte zu beenden. Die Leser:innen wollen gerne mit einem positiven Gefühl aus der Geschichte herausgehen und möglichst alle Antworten auf ihre Fragen haben. Neue Konflikte lassen sich auch am Anfang der Fortsetzung etablieren und müssen nicht einem „guten“ Ende im Weg stehen. Wenn du durch Konflikte deinen Charakteren das Leben zur Hölle gemacht hast, haben sie sich das Happy End schließlich verdient.


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